• 05.12.2023 11:08

  • von Roland Hildebrandt

Proton 300/400er-Serie (1995-2001): Kennen Sie den noch?

Sagt Ihnen die Automarke Proton noch etwas? Uns auch nicht - Wir blicken zurück auf die zwei großen M: Malaysia und Mitsubishi

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen. Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig Flops gewesen sein, aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers.

Titel-Bild zur News:

Proton 300 und 400er-Serie (1995-2001) Zoom

In unregelmäßiger Folge holen wir hier unter dem Titel "Kennen Sie den noch?" solche Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens.

Proton. Den Begriff kennt man vielleicht noch aus dem Chemieunterricht. Aber als Autohersteller? Sogar unsereiner als ausgewiesener Altblechexperte stand kürzlich etwas ratlos an der Aldi-Kasse, ein Hot-Wheels-Spielzeugauto des Proton Saga in der Hand. Maximal eckig, maximal unbekannt.


Fotostrecke: Proton 300/400er-Serie (1995-2001)

Ganz langsam dämmerte es. Da war doch mal was mit Mitsubishi und Malaysia ... Also an an den Rechner, um die ganze Sache aufzudröseln. Und Sie, werter Leser (bitte selbst gendern), dürfen daran teilhaben.

Also: Proton ist die Abkürzung für Perusahaan Otomobil Nasional, übersetzt "Nationale Automobil-Gesellschaft". Wie in so manchen asiatischen Schwellenländern jener Zeit (wie etwa Südkorea) hatte auch Malaysia Interesse an einer eigenen Automobilindustrie. Und wie schon bei Hyundai in Südkorea kam Mitsubishi ins Spiel.

Der Proton-Konzern entstand 1983 auf Initiative des damaligen Premierministers Mahathir bin Mohamad durch Zusammenarbeit der Heavy Industries of Malaysia mit dem japanischen Automobilhersteller Mitsubishi. Bis heute ist der Staat Malaysia Hauptaktionär der Firma Proton. Das Hauptwerk befindet sich in Shah Alam, Selangor. Ein weiteres Werk steht in Tanjong Malim, Perak, wo das Fabrikgelände und die Gelände von Zuliefererfirmen 30 Prozent der Fläche von Proton City einnehmen.

Proton Saga 1.3 GE

Proton Saga 1.3 GE Zoom

Das ursprüngliche Markenzeichen war ein gelber Stern auf dunkelblauem Untergrund. Die Umrisse zeigten die Form eines Diamanten (denken sie an Mitsubishi!). Die Produktion begann 1985. Zunächst wurden alle Teile der Autos von Mitsubishi hergestellt, im Laufe der Zeit fertigten malaysische Unternehmen immer mehr Komponenten an.

Im September 1985 rollte der erste Proton Saga direkt ins Nationalmuseum von Malaysia. Genau, jener Fahrzeugtyp von der Aldi-Kasse 2023. Formal ertrüffeln echte Nerds schnell, dass es sich weitestgehend um einen Mitsubishi Lancer von 1983 handelt. Allerdings durchaus geschickt auf Eigenständigkeit getrimmt, wie man oben sieht.

Zehn Jahre später war Proton bereits in Großbritannien erfolgreich, schließlich war Malaysia aus britischen Kolonien entstanden und Mitglied des Commonwealth. 1995 startete die Marke auch auf dem deutschen Markt und versuchte mit günstigen Preisen zu punkten.

Proton 313 GLi

Proton 313 GLi Zoom

Das Modellangebot blieb unverkennbar Mitsubishi: Die 300er-Serie war de facto der Colt von 1991, die 400er-Serie ein Lancer. "Satria" und "Wira" hießen die Baureihen in ihrer Heimat. Die deutschen Bezeichnungen erinnerten frappant an jene von Rover, weil auch Proton hier auf den Hubraum hinwies. Also 413, 415, 416 und 418 plus ein 2,0-Liter-Diesel im 420 TD. Manche Modelle boten als Extra eine Viergang-Automatik.

Interessanterweise unterschieden sich die Proton 400er-Wagen durchaus vom Mitsubishi Lancer: Die Scheinwerfer stammten vom Mitsubishi Colt von 1992, die Heckleuchten vom Galant Fließheck von 1987, die Stoßfänger vom Mitsubishi Mirage und das Armaturenbrett wurde auch abgeändert. Und es gab neben der Limousine ein Fließheck, das Mitsubishi selbst erst 1995 mit dem Carisma wieder einführte.

Proton 418 SEi

Proton 418 SEi Zoom

Der ADAC urteilte nach dem Marktstart von Proton in Deutschland, beim 415 (Schrägheck) und 416 (Stufenheck) handele es sich um "Einfachausgaben des Colt beziehungsweise Lancer". Man erkannte an, dass die Malaysia-Mobile rund 2.000 Mark günstiger seien als ihre japanischen Pendants. So kostete der Proton 415 GLSi exakt 23.990 DM. Der 90-PS-Motor sei zwar kein Leisetreter, mache seinen Job aber recht gut und sparsam (8,1 Liter Normal).

Kritik gab es am schlichten Innenraum und dem aufpreispflichtigen Fahrer-Airbag. Lob verdienten sich der "stabile Geradeauslauf, das sichere Kurvenverhalten und die gut ansprechende Lenkung" des 4,27 Meter langen Fließhecks. Die Stufenheck-Limousine war übrigens 4,36 Meter lang.

Proton 418 LRS

Proton 418 LRS Zoom

Doch trotz einer Sechsjahres-Garantie blieben die Proton-Modelle nur Außenseiter, vermutlich waren sie zu durchschnittlich gestrickt. Besonders selten blieb das Coupé 418 LRS mit immerhin 135 PS für 32.990 DM. Quasi der Proton(en)-Beschleuniger.

Rund 200 Händler gab es in Deutschland, mehr als 2.000 Fahrzeuge pro Jahr vermochten sie nicht unters Volk zu bringen. Da half auch wenig, dass die 300er und 400er in Spielshows wie "Glücksrad" oder "Geh aufs Ganze" als Hauptpreise verramscht wurden. 2001 erfolgte der Rückzug aus Deutschland.

Heutzutage sind gebrauchte Proton sehr selten, es reicht eine Hand, um verfügbare Fahrzeuge abzuzählen. Ja, sie wirken langweilig, gelten aber als robust und sogar Ersatzteile sollen noch verfügbar sein. Falls also jemand einen Youngtimer der extrem speziellen Sorte sucht ...


An epic Saga - the Proton Story

Nicht exportiert wurde ein automobiles Kuriosum: Der Proton Tiara (1996-2000) war baugleich mit dem Citroën AX, aber nur als Fünftürer erhältlich. Und wie ging es für Proton weiter? 1996 erwarb man die Mehrheit am britischen Automobilhersteller Lotus, seit 2003 besaß Proton 100 Prozent dieser Firma.

Im Dezember 2004 übernahm Proton die Mehrheitsbeteiligung am italienischen Motorradhersteller MV Agusta. Zu MV Agusta gehörten zu dieser Zeit neben der Stammmarke auch die Marken Husqvarna und Cagiva. Am Beginn des Jahres 2006 wurde diese Beteiligung allerdings wieder abgegeben.

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2002 hatte Proton in Malaysia einen Marktanteil von etwa 60 Prozent. Dieser verringerte sich bis 2005 auf 30 Prozent. 2017 übernahm der chinesische Autohersteller Geely 49,9 Prozent an Proton und Lotus sogar komplett.

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