Haas: Mit perfektem Risikomanagement wieder Punkte geholt

Doppelpunkteresultat für Haas beim Formel-1-Rennen in Australien 2024: Warum Teamchef Ayao Komatsu dennoch nicht rundum zufrieden mit der Leistung ist

(Motorsport-Total.com) - Vor der Saison noch tiefgestapelt, hat sich die Performance des Haas-Formel-1-Teams als kleine Überraschung der ersten drei Saisonrennen 2024 herausgestellt. Nach dem strategisch hart erkämpften Punkt in Saudi-Arabien, gab es in Australien gleich für beide Fahrer Zähler. Trotz der schwachen Startplätze 14 und 16 kamen Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen auf dem neunten und zehnten Platz ins Ziel. Maßgeblich für den Erfolg war ein perfektes Risikomanagement bei der Strategie.

Titel-Bild zur News: Nico Hülkenberg, Kevin Magnussen

Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen im Parabelflug in Melbourne Zoom

"Wir hatten schon erwartet, dass unser Renntempo besser ist als unsere Qualifyingpace", sagt Teamchef Ayao Komatsu. "Aber wie man weiß, wenn vorne nichts passiert, ist es sehr schwierig, Punkte zu holen. Aber unser Job ist es, einfach da zu sein. Man muss da sein, um jede Chance zu nutzen, und das ist uns heute fast perfekt gelungen. Fast."

Doch warum nur fast? Schließlich hat Hülkenberg bei seinem ersten Stopp sogar von einem virtuellen Safety-Car profitiert und die Aston Martins davor sowie Racing-Bulls-Pilot Yuki Tsunoda hatten eine bessere Rennpace. "Wir wurden von Tsunoda geschlagen, nicht wahr?", so Komatsu. "Und dann haben wir bei der ersten Reihe der Boxenstopps mit Kevin zwei Positionen verloren. Das hätte nicht passieren dürfen."

Nach den ersten Runden lag der Däne an Rang zwölf vor Alexander Albon im Williams und Alpine-Pilot Esteban Ocon. Nach dem ersten Boxenstopp kamen aber beide an Magnussen vorbei, Albon mit dem Under-, Ocon mit dem Overcut. Wie konnte das passieren?

Komatsu lobt Magnussens Teamplay: "Hatte allen Grund, sauer zu sein"

"Wir hätten nicht [auf den Undercut von Albon] reagieren sollen. Aber wir haben es getan", ärgert sich Komatsu. "Wir haben uns also von Albon undercutten lassen - ohne Grund. Wenn man sich dann Ocon anschaut, der ist länger gefahren und hat uns im Grunde genommen mit einem Overcut überholt. Wir haben also zwei Positionen verloren. Das war einfach nicht das richtige Timing."

Dafür hatte Teamkollege Nico Hülkenberg Glück mit der Rennstrategie, da der Deutsche etwas länger draußen blieb und das virtuelle Safety-Car nach dem Motorschaden von Lewis Hamilton für einen zeitgünstigen ersten Stopp nutzen konnte. Mit frischeren Reifen wurde er im zweiten Stint dann per Teamorder an Magnussen vorbeigelotst, um das beste aus der Strategie zu machen.

"Die Fahrer arbeiteten im zweiten Stint wieder zusammen - Kevin war auf dem harten Reifen, Nico auf dem Medium-Reifen, wegen dem VSC. Nico hatte da eine bessere Pace, aber Kevins Strategie war bereits beeinträchtigt, nicht durch seine Schuld, sondern durch die des Teams. Kevin hatte also allen Grund, sauer zu sein, aber als wir ihn baten, [die Positionen] zu tauschen, hat er das sofort gemacht. Er weiß also, wie wichtig diese Gelegenheiten sind", lobt Komatsu seinen Fahrer.


Red Bull versagt in Melbourne! Kippt die WM?

Red Bull patzt und Ferrari meldet sich mit einem Doppelsieg beim Formel-1-Rennen in Australien zurück. Weitere Formel-1-Videos

Komatsu: "Können nicht ständig solche Fehler machen"

Und obwohl Tsunoda im Racing Bulls außer Reichweite war, hatte der Haas-Teamchef dennoch gehofft, etwas näher dran zu sein mit beiden Piloten: "Ich denke, Tsunoda hatte eine bessere Pace als wir", meint er, aber: "Auch hier gilt: Wenn wir unseren ersten Boxenstopp richtig hinbekommen hätten, und dann mit der Pace, die wir im zweiten Stint hatten, hätten wir viel, viel näher an ihm dran sein können."

"Wir müssen uns erst einmal in diese Position bringen. Aber ich muss Tsunoda zugutehalten, dass seine Pace gut war. Aber ich denke, wenn wir den perfekten Job mit Kevin gemacht hätten, hätte Kevin die Chance gehabt, mit ihm bis zum Ende zu kämpfen. Das ist es, was wir tun sollten."

"Wir können nicht ständig solche Fehler machen, wenn das Mittelfeld so eng ist. Tsunoda holt jetzt vier Punkte [sechs nach Alonsos Strafe] - okay, wir sind punktgleich [nicht mehr], aber weil er P8 hat, das könnte am Ende des Jahres den Unterschied ausmachen um eine Position in der Meisterschaft. Das ist enorm. Wir müssen also wirklich in jeder Hinsicht perfekt sein."

Haas: Punkte aus eigener Kraft sind nächstes Ziel

Auf der anderen Seite muss Haas aber auch froh sein, die Chance auf Punkte genutzt zu haben, denn ehrlicherweise wären Hülkenberg und Magnussen ohne die Ausfälle von Max Verstappen, Lewis Hamilton und George Russell leer ausgegangen. Laut Komatsu geht es weiterhin darum, in Zukunft die Strategien zu splitten, um sich eine bestmögliche Chance auf Zähler im Rennen zu geben.

"Es geht um eine Streuung der Risiken", so der Japaner. "Wenn man einfach eine konventionelle Strategie mit beiden Autos fährt und zur gleichen Zeit an die Box kommt, passiert nichts. Man landet auf P14 oder P16. Es hat keinen Sinn, das zu tun. Wir haben [in Melbourne] einfach die Risiken gemanagt und das Boxenstoppfenster gestreut. Und dann wusste man natürlich, wie viele Safety-Cars und VSCs in den letzten zwei Jahren passiert sind. Es ist also ein hohes Risiko."


Krise bei Mercedes: Wer kommt nach Lewis Hamilton? | Interview Marc Surer

"Lewis kann das nicht", sagt Formel-1-Experte Marc Surer über die derzeitige Krise des Mercedes-Teams. Weitere Formel-1-Videos

Für den weiteren Saisonverlauf will Komatsu jedoch sehen, dass der Haas VF-24 aus eigener Kraft in die Punkte fahren kann, da man sich "nicht auf das Pech der anderen verlassen kann. Man muss sich seinen Erfolg selbst erarbeiten und wir müssen einfach weiter an uns arbeiten, unser Auto verbessern, unsere Abläufe optimieren, die Strategien verschärfen und uns einfach in diese Lage versetzen."